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"Wenn ich die Geschichte in Worten erzählen könnte,
brauchte ich keine Kamera herumzuschleppen."
Lewis W. Hine(1874-1940)

Wernigerode (Harz) um 1905 
(Sammlung Rohde-Enslin [#000975])

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Nachlass Wolfgang Stein im Stadtmuseum Kassel

[Kennziffern]

Gesamtzahl1.750
"Material"
    Papierabzüge50
    Filmnegative?
    Glasnegative1.700
    Filmdias?
    Glasdias?
"Zeiten"
    <1901?
    1901-1944?
    >1944?
"Digitalisiert"
    Anzahl?
    Zugänglich?

[Beziehungen]

  Stadtmuseum Kassel 

  Kassel


"Nachlass Wolfgang Stein" ist Teilbestand (1 von 2) von Stadtmuseum, Kassel


[Beschreibung 1 von 1]

Text von Bernhard Rüffert (März 2007): "Wolfgang Stein (1916 – 1978) - Ein unbekannter Kasseler Industriefotograf
Vor etwa drei Jahren machte mich Dr. Alexander Link vom Kasseler Stadtmuseum auf den fotografischen Nachlass von Wolfgang Stein aufmerksam, den das Stadtmuseum im Jahre 1992 von seinem Sohn Michael Stein übernommen hatte. Der Nachlass besteht hauptsächlich aus ca. 1700 Glasnegativplatten verschiedener Formate (aufgenommen mit einer Linhof 18/24 Plattenkamera und einer Contax Plattenkamera), mehrere Rollfilmnegative, die er mit der Zeiss Ikon Contax I belichtet hatte, und zudem noch etwa fünfzig Papiervergrößerungen mit Aufnahmen des bis Ende der sechziger Jahre in Kassel Niederzwehren ansässigen Unternehmens Gebrüder Credé & Co.
Die Fotografien haben mir gleich auf Anhieb gefallen und weckten mein Interesse, in diesem Fundus weiter zu forschen. Nicht nur, weil es sehr eindrucksvolle SW-Fotografien waren, sondern weil man ihnen ansah, dass der Fotograf Wolfgang Stein dieses Medium beherrschte, offensichtlich nichts dem Zufall überließ und seine Fotografien gekonnt inszenierte. Er beherrschte den Umgang mit dem vorhandenen Licht, den kompositorischen Bildaufbau. Die Einbeziehung von Menschen wirkt nie gestellt, sondern selbstverständlich und natürlich. Seine Aufnahmen beinhalten mehr als nur das dokumentarische Abfotografieren von Objekten, Architektur oder Menschen.
Sein Auftragsbuch, das er sorgfältig und regelmäßig führte, beginnt mit seinen ersten Eintragungen im März 1931 und endet mit der letzten Eintragung im Dezember 1961. Seine meisten Auftraggeber waren in Kassel ansässige Firmen, Geschäftsinhaber, einige auch aus dem Kasseler Umland, sowie soziale Einrichtungen und viele Privatpersonen. Es liest sich wie ein Tagebuch! Ein Tagebuch, das den Zeitgeist der dreißiger Jahre widerspiegelt und vor allem die wirtschaftliche und kulturelle Aufbruch-und Aufbaustimmung der Nachkriegsjahre. Und das in einer Stadt, die besonders unter den Zerstörungen des 2. Weltkrieges gelitten hatte und viel Initiative und Mut aufbringen musste, um das Zerstörte und Verlorene durch Neues zu ersetzen.
Hier einige Auszüge seiner Aufzeichnungen aus den 50er-Jahren: Ladeninnenansichten, Betriebsaufnahmen der Fa. Liebeck&Co., Reformhaus Lichtquell, Spohrgesellschaft Kassel, Städtische Werke Kassel, Marienkrankenhaus, Tanzschule Eberle, Frauenfüße für Dr. med.P., Gruppe mit 11 Damen, Kühlschränke für AEG, Gruppenaufnahmen im Diakonissenhaus, Brautbilder, Goldene Hochzeit, Fa. Kranefuß, Bärenreiterverlag .... und hin und wieder auch die Notiz: Stein – privat -.
Sein Hauptauftraggeber war offensichtlich das in Kassel Niederzwehren ansässige Unternehmen „Gebrüder Credé &Co“ (Waggon- und Autobau 1897-1967), denn fast auf jeder Seite sind Aufzeichnungen von ihm zu finden, was er genau wann für dieses Unternehmen fotografiert hat. Viele Aufträge gab es schon in den dreißiger Jahren, die dann in den Nachkriegsjahren, trotz der 90%-Zerstörung des Werkes wieder aufgenommen wurden und bis Anfang der sechziger Jahre nahtlos weiter erteilt wurden. Das Unternehmen startete 1897 mit der Produktion von Eisenbahnwaggons, begünstigt durch das rasante Wirtschaftswachstum in den „Gründerjahren“ und den großzügigen Ausbau des Streckennetzes. Es folgten Aufträge aus dem Ausland und die Nachfrage nach modernen Wagen mit einer verbesserten Ausstattung stieg stetig. Die Produktionspalette erweiterte sich auf Personenwagen aller Klassen, sowie D-Zugwagen, Schlaf-und Speisewagen. Im Jahre 1906 deckte Credé gemeinsam mit der Kasseler Firma Wegmann rund ein Zehntel des deutschen Bedarfs an Eisenbahnwaggons ab! Das Unternehmen beschäftigte bereits damals schon 900 Arbeiter und produzierte allein im Jahre 1907 600 Waggons, davon 20 Personenwagen, 80 Post- und Gepäckwagen sowie 400 Güterwagen. Nach dem Krieg folgte zudem noch die verstärkt die Produktion von Busaufbauten, elektrischen Straßenbahnen und im Jahre 1955 meldete die Presse sogar die Fertigung des 1000. Credé-Mopeds, die „Credette“ an. Im Jahre 1967 wurde das Kasseler Traditionsunternehmen von der Hoesch AG stillgelegt.
Der Grund dafür war die angestrebete Rationalisierung des Hoesch-Konzerns, die Credé als Tochtegesellschaft zusammen mit Dortmund-Hörder Hüttenunion Jahre vorher übernommen hatte. Noch im gleichen Jahr kaufte eine Hamburger Immobilienfirma das Firmengelände, begann mit dem Abriss der Werkshalle und ein Einkaufszentrum entstand.
Geblieben sind als Dokument die eindrucksvollen Fotografien von Wolfgang Stein! Sie sind nicht nur aus fotografischer Sicht interessant und sehenswert, sondern sie dokumentieren dadurch auch eine Epoche der vielfältigen Kasseler Industriegeschichte, die das Bild und den Ruf dieser Stadt entscheidend mitgeprägt hat.
Die Vorstellung von Wolfgang Stein auf der Seite „Historische Fotografie“ des Kasseler Fotoforums ist der erste Schritt, um der Öffentlichkeit das vielfältige fotografische Werk Steins zu präsentieren. Eine Austellung im Kasseler Stadtmuseum ist angedacht."

[URL: http://www.kasselerfotoforum.de/index.php?cat_id=6&parent_id=&article_ ... Geht zu: http://www.kasselerfotoforum.de/index.php?cat_id=6&parent_id=&article_id=216 - Zuletzt besucht: 2008-05-31]